Im Interview: Edda Vogt und Fabienne Lindner zum Buch „Investieren mit Weitblick“
1. Das Buch „Investieren mit Weitblick“ trägt schon im Titel eine Haltung. Was bedeutet für euch „Weitblick“ beim Investieren?
Edda: „Weitblick steht für langfristiges Denken – die eigene finanzielle Zukunft, aber nicht nur mit der eigenen Rendite im Blick, sondern auch die Auswirkungen von Investments auf Gesellschaft, Umwelt und die eigene Lebensplanung.“
Fabienne: „Investieren mit Weitblick bedeutet für mich, dass ich langfristig denke und plane, budgetiere und idealerweise mit einer Finanzplanung starte. Langfristig heißt hier mindestens 10-15 Jahre, eher länger.
2. Wie ist die Idee zu dem Buch entstanden – und wie war euer gemeinsamer Schreibprozess?
Edda: „Wir sind schon lange in der Finanzbranche aktiv und haben viele Erfahrungen gesammelt – durch den permanenten Austausch mit Privatanlegenden, aber auch durch eigene Trades. Ich erkläre immer nur das, was ich auch selbst ausprobiert habe. Dieses Wissen wollte ich unbedingt teilen. Wir werden häufig gefragt, wo man all das, was wir in Vorträgen und Seminaren erzählen, auch nachlesen kann. Die Idee, ein Buch zu schreiben, schwebte jahrelang als Kompendium in unseren Köpfen, bis ein Gespräch mit einer Professorin beim Sushi den entscheidenden Anstoß gab, es lebendiger und praxisnäher zu gestalten.“
Fabienne: „Wir haben echt schnell einen Verlag gefunden, der mit uns die Leidenschaft für das Thema Finanzbildung teilt. Ein großer Dank geht hier nochmal an Gabal. Dann musste es ziemlich schnell gehen, da wir bereits im Frühling unser Buch in den Händen halten wollten. Unser Schreibprozess war ein Wechselspiel aus Leidenschaft und Disziplin. Neben dem Berufsalltag ein Buch zu schreiben, ist schon eine Herausforderung und wir kamen an Stellen an unsere Grenzen, die wir gar nicht als so herausfordernd eingeschätzt hätten.
3. Ihr sprecht im Buch über nachhaltige Geldanlage, Diversität und Verantwortung. Was sind für euch die drei wichtigsten Prinzipien für Anleger:innen, die wirklich etwas verändern wollen?
Edda: „Erstens: Transparenz – verstehen, wie das Geld wirkt. Zweitens: Konsequenz – ESG-Kriterien wie Klimaschutz und Chancengleichheit ernst nehmen. Drittens: Geduld – Impact entsteht durch langfristiges Engagement.“ Viertens: Lieber 80 Prozent richtig, als 100 Prozent gar nicht, wie auch @Claudia Müller immer zu sagen pflegt.
Fabienne : „Bildung als Basis, Mut zum Einstieg auch mit kleinen Beträgen zu starten und es einfach mal auszuprobieren. Wir haben explizit viele Gastautorinnen zu Wort kommen lassen, da es starke und super kompetente Frauen in der Finanzwelt gibt, die mehr und mehr eine Stimme brauchen. Wobei ganz klar ist, dass sich das Buch nicht nur an Frauen richtet. In erster Linie bedeutet Verantwortung, dass man die Verantwortung für sich übernimmt – ähnlich wie im Flugzeug, wo wir zuerst unsere Sauerstoffmaske aufsetzen, bevor wir uns um andere kümmern. Wir sehen häufig, dass Frauen Gutes tun wollen, sich aber aus den Augen verlieren.
4. Welche Zielgruppe wollt ihr mit dem Buch besonders erreichen? Gibt es eine Botschaft speziell an weibliche Anlegerinnen?
Edda: „Wir richten uns an alle, die selbstbestimmt Vermögen aufbauen wollen – egal ob Berufseinsteiger:in oder erfahrene:r Investor:in. Frauen ermutigen wir besonders: Finanzentscheidungen sind kein ‚Männerthema‘, sondern Empowerment für alle.“
Fabienne: „Unser Fokus liegt auf jenen, die sich von klassischer Finanzliteratur abgeschreckt fühlen. Unser Buch soll für JEDEN und JEDE sein. Als Reisebegleiter für die lebenslange Geldreise begleitet das Buch Leserinnen und Leser in unterschiedlichen Lebensphase und Phase der Geldanlage – vom Anfänger bis zum Profi.
5. Ihr seid beide in unterschiedlichen Rollen und Institutionen aktiv. Wie erlebt ihr die Entwicklung im Finanzbereich in Bezug auf Nachhaltigkeit und Diversity – eher Aufbruch oder eher Lippenbekenntnisse?
Edda: „Es gibt Fortschritte – etwa mehr passende Produkte –, aber oft bleibt es bei Marketingphrasen. Echte Diversität in Führungsetagen und messbare Impact-Kennzahlen fehlen noch.“
Fabienne: „Die junge Generation treibt den Wandel voran, doch die Branche muss lernen, Nachhaltigkeit nicht als Nische zu behandeln, sondern als Kernkompetenz. Letztlich geht es bei ESG um Risikomanagement, also sollte es uns alle interessieren.“
6. Gab es beim Schreiben des Buchs Aha-Momente oder auch Diskussionen, bei denen ihr unterschiedliche Perspektiven eingebracht habt?
Fabienne: „Ein Aha-Moment war, wie sehr Fallbeispiele aus dem Alltag Leser:innen motivieren – deshalb haben wir sogar E-Mails von Privatanleger:innen integriert.“
Edda: „Wir diskutierten intensiv über die Balance zwischen Fachjargon und Verständlichkeit. Und mich hat überrascht, wie kurz die Haltbarkeit von Wissen sein kann. Wir haben alles nachrecherchiert.
7. Welche Rolle spielt aus eurer Sicht Bildung – und was müsste sich ändern, damit mehr Menschen mit Weitblick investieren können?
Fabienne: „Bildung ist der Schlüssel! Schulen sollten Finanzwissen vermitteln, und Banken müssten Beratung ohne versteckte Interessen anbieten. Wir haben in den letzten Jahren eine Demokratisierung der Geldanlage erlebt. Es war noch nie so einfach und günstig, zu investieren. Natürlich muss auch der Staat das langfristige Investieren steuerlich unterstützen, um hier mehr Anreize zu setzen.“
Edda: „Wir brauchen niedrigschwellige Angebote – wie unseren Finanzbuchclub – und mehr Vorbilder, die zeigen, dass Investieren kein Elitenthema ist. Besonders wichtig ist es zu zeigen, wie mächtig der Zinseszinseffekt ist und wie sich das Geld vermehren kann.“
8. Wenn ihr den Leser:innen einen einzigen Impuls mitgeben dürftet: Welcher wäre das?
Fabienne: „Traut euch, den ersten Schritt zu machen – auch mit kleinen Beträgen. Jede:r kann Vermögen aufbauen, wenn die Strategie zur eigenen Lebenssituation passt. Und bleibt am Ball, auch in turbulenten Marktphasen.“
Edda: „Beteiligt euch am Kapitalmarkt, egal wie klein euer Depot erstmal ist. Sonst verdienen die anderen, nicht ihr.“
Vielen Dank für das gute Gespräch, Birgit